All things must pass.
George Harrison
Als mein Vater starb, musste ich damit leben. Das kann ich immer noch nicht.
I know someday you’ll have a beautiful life
I know you’ll be a star
In somebody else’s sky
But why, why
Why can’t it be mine?
Song: Black, Pearl Jam
Du weißt, irgendwann sind sie weg. Geliebte, Vertraute, deine engen Freunde, deine Familie.
Es ist die Zeit, sie schnappt sich die Leute aus deinem Leben. Sie sind nicht zwingend tot, doch sie sind auf jeden Fall nicht mehr in deinem Leben.
Ich stehe jetzt an einer der großen Kreuzungen des Lebens. Mit mir stehen meine Freunde. Jeder sieht sein Ziel, oder auch nicht. Dennoch muss jetzt jeder über diese Kreuzung. Das ist der erste Schritt. Der erste Schritt weg voneinander. Alle Personen, die mir jetzt lieb sind, gehen nun ihren eigenen Weg. Die Personen, die nicht über die Kreuzung gehen, bleiben zurück. Die Schule einte uns, dennoch verabscheuten wir sie, wollten weg, doch jetzt ist das anders. In den Wochen der Prüfungsvorbereitung sah man die Leute, die man normalerweise seit sieben Jahren täglich erleben durfte, nicht mehr, teilweise sah man die Leute, die man seit über zwölf Jahren kannte, nicht mehr. War das der Vorgeschmack auf die Zukunft? Sicherlich kommen neue Leute in unser Leben,
doch das war unsere Jugend, unsere Kindheit. Sie endet, geht nun vorüber.
Freundschaften enden, einige bedauert man, andere nicht. Einst war man jedes Wochenende beieinander, übernachtete, spielte bis spät in die Nacht Videospiele und nichts bereitete einem Sorgen. Das ist vorbei, schon lange. Diese Zeit der Einfachheit: Schule war nicht lebensentscheidend, den Druck, sich nach seiner Zukunft umzuschauen, gab es nicht. Doch jetzt schon.
Ich habe Angst. Angst vor dem, was kommt. Ich bin mir sicher, dass es kommt. Und mit dem abzuschließen, was jetzt zu Ende geht, wird schwer. Einige werden gehen, werden keine Lust haben, sich zu bemühen, den Kontakt aufrechtzuerhalten, andere werden es versuchen, zieht es das nicht nur heraus? Man hat keine Zeit, ewig zu einem zu fahren, man hat sein Studium oder seinen Beruf, seinen Partner, neue Freunde. Der Ort, wo man sich täglich sieht, fehlt, die Schule, unser Teichgymnasium, so oft ich was an ihm auszusetzen hatte, ich werde es vermissen und alle, die weiter hierbleiben, wie meine ehemaligen Lehrer und meine Freundin. Und ich selber werde gar nicht anders sein. Auch wenn ich naiv bleibe, auch wenn ich versuchen werde, das Beste zu geben. Das schnappt mir die Vorfreude auf mein neues Leben, denn etwas Neues zu beginnen heißt, mit dem Alten abzuschließen, doch bin ich überhaupt bereit? Bin ich bereit auszuziehen? Meinen Heimatort zu verlassen? All meine Kindheitserinnerungen liegen hier. Bin ich bereit, meine Freunde nicht länger zu sehen? Neue Bekanntschaften zu schließen? Ich weiß es nicht.
Es ist alles so plötzlich, so abrupt, die Schulzeit ist vorbei.
Dabei will ich meine Freunde und meine Freundin einfach nicht verlieren. Es offenbart sich der Elfjährige in mir, der gerade seinen Papa verloren hat, ein verwundbares, verletztes Kind. Immerhin, das ist, was wir doch alle noch sind:
Kinder, die jetzt groß werden müssen.