In loving memory of:
Ozzy Osbourne, born 1948. Died, 2025. He bit the head off a bat.
– Ozzy in seiner Autobiographie I am Ozzy (2009) über den Wunsch, was auf seinem Grabstein stehen solle
Als ich dieses Jahr mein Abi machte freute ich mich explizit auf ein Event. Nein, nicht auf die Abiturverleihung, nicht den Abiball oder meinen Schulabgang im Allgemeinen. Auch wenn das alles toll und super war, freute ich mich auf Back To The Beginning – Ozzy Osbournes und Black Sabbaths Abschiedskonzert in Birmingham, England.
Für jeden Metalhead wäre es die größte Ehre da gewesen zu sein. Und ja die war, um ihren musikalischen Wurzeln nochmal Tribut zu zollen. Von Lamb of Gods mächtigen Cover von „Children of the grave“, über die beiden Supergroups mit Künstlern wie Sleep Token ii, Papa V Perpetua, Billy Corgan, Keith Richards, Chad Smith und so vielen unglaublichen Personen mehr, bis hin zu Guns’n’Roses und Metallicas Auftritten, die Ozzy die Bühne einheizten. Dann kam er, der Prince of f*cking Darkness, zu Carmina Burana auf die Bühne empor auf seinen mächtigen, düsteren Thron. Jeder hatte Gänsehaut, immerhin: 50.000 Zuschauer:innen standen 10 Stunden wegen diesen Moment im Villa Park. Jeder wohl mit dem Hintergedanken: nach diesem Abend wars das, zumindest mit seinen Auftritten. Ozzy begann sein Set mit dem ersten Song der ertönte, wenn man seine erste Platte Blizzard of Ozz auflegte: I don’t know. Gefolgt von Mr. Crowly und Suicide Solution, vom selben Album. Doch der Song der jeden geknackt hat: Mama, I’m coming home. Der emotionale Höhepunkt des Abends, der jeden ach so starken Metalhead weich gekocht hat. Jeder hat geheult Ozzy mit Tränen in den Augen zu sehen, zu sehen wie ein Künstler, geboren für die Bühne, es nicht mehr schafft aufzustehen, es dennoch immer wieder versuchte, jeder hat geheult den Prince of Darkness so gebrächlich zu sehen, doch in diesem Moment der Schwäche waren wir doch gemeinsam, um ihn zu feiern und ihm einen wohlverdienten Abschied zu geben.
Er zog den Abend durch. Ein 76 jähriger Mann, leidend an Parkinson, zog für eine Stunde ein Metal-Set durch, dabei allen Leiden seiner Krankheit ausgesetzt, für diesen Moment verweigerte er sich seine Medikamente zu nehmen. Wir feierten ihn, jubelten über seine Legacy und weinten, headbangten und schrien wegen seiner Musik.
Am nächsten Tag verlies ich die Geburtsstätte des Metals, welche trist im typischen britischen Regenwetter versank. Ähnlich wie das Wetter fühlte ich mich auch, denn dass war es. Meine Lieblingsband, meine Musik gab ihr letztes Konzert. Offensichtlich kam es bei mir zu den gängigen Low nach einem Konzert-High. Aber ich war da, hab ihn mit verabschiedet – zumindest von der Bühne.
17 Tage später kam dann die Nachricht, die mittlerweile jeden erreicht haben müsste: Ozzy Osbourne verstarb am 22.07.2025 an einem Herzinfarkt, vor einem Monat.
Mich riss es völlig aus meinem Tagesablauf raus. Mein Herz sackte zusammen und ich habe direkt gesagt „dass stimmt nicht, dass kann nicht stimmen“. So sehr ich hoffte einen schlechten Witz gehört zu haben, flutete gerade Social-Media mit Todesmeldungen.
Die kommenden Tage war er überall, Metalheads und auch Normies trauerten.
Was Black Sabbath mir bedeutet:
This is a great working class city, and we’re all working class, from Aston.
-Bassist ‚Geezer‘ Butler bei der Preisverleihung zur Freedom of the City of Birmingham
Ozzys Weg zum Ruhm stand viel im Weg, doch seine ersten Jahre als Musiker bestritt er mit vier jungs aus seiner Nachbarschaft in Birmingham: Aston. Black Sabbath hat Heavy-Metal gegründet. In einer Zeit voller Flowerpower, Faullenzern die hofften sich in die Revolution kiffen zu können und sonstigen Mittelstands-Idealisten, denen es im Endeffekt nicht um irgendwelche pazifistischen Ideale ging, sondern die einfach mit dem Flow der Zeit gingen. In so einer Zeit stieg aus dem rauen, vom Krieg gerüttelten Birmingham eine Band empor, die bunte Blümchen mit umgedrehten Kreuzen und schwarzer Mystik ersetzte. Black Sabbath, benannt nach dem gleichnamigen Horrorfilm. Vier jungs aus der britischen Arbeiterklasse dachten sich: wir schreiben jetzt Musik, wo sich die Leute gruseln werden.Dass und der Fakt, dass der Gitarrist (Tony Iommi) sich zuvor in einem Stahlwerk zwei Fingerkuppen abschnitt, was seine herangehensweise an sein Instrument grundlegend veränderte, so dass sein Sound heavier und dreckiger wurde, führten zum Heavy Metal. Geezer Butler (Bassist) schrieb für die ersten Alben (die mit Ozzy) die Texte und brachte zur Gruselmusik auch Gruselthemen: Krieg, Angst vor atomarer Auslöschung, Depressionen, Satan und so Vieles mehr, vor denen sich die Öffentlichkeit damals scheute. Vor allem nahm er sich kein Blatt vor dem Mund und kritisierte offen den Vietnamkrieg und die Ausbeutung der Arbeiterklasse indes. Er raf zur Revolution auf, dass die Welt nicht so bleiben kann, sonst enden wir alle als Children of the Grave. Musikalisch waren die vier keine erprobten Sessionmusiker mit einem Uni-Abschluss in ihren Instrumenten, dafür hatte man weder Geld noch Zeit, vor Sabbath arbeiteten alle normale „blue-collar“ Jobs. Wenn man Sabbath hört, dann hört man keine perfekte Musik, sondern raue Musik mit Seele. Tony der auf der Gitarre Riff nach Riff raushaute, Bill der am Schlagzeug mit Swing den Groove der Band förderte, Geezer der sich nichts daraus nahm auch hoch am Frettboard seines Basses zu spielen und ein Wah-Pedal zu nutzen und Ozzy mit seiner birminghamer „Schnauze“ und einer beinahe heulenden Stimme. Nichts war perfekt aber alles war authentisch.
The one thing I am really proud of with Black Sabbath we were no Band that were put together by some buisness mogul in London. We were four local lads. […] I love ‚em all.
– Ozzy Osbourne im Interview mit Rolling Stone 2010
Sabbath ist deswegen meine Lieblingsband: Vier jungs aus der Arbeiterklasse mit einem Traum, einen Traum den jeder Musikkritiker in den 70ern ihnen absprach, doch den sie verwirklichten. Alle vier Jungs waren Außenseiter, gerade Ozzy, der eine Form ADHS und Legasthenie hatte und Geezer der aktiv mit Suizidgedanken sein frühes Leben rum brachte und sich Klamotten selbst zusammen nähen musste, weil er keine Kohle hatte. Black Sabbath zeigte mir dass man es auch als armer Hund, der von fast niemanden gemocht wird zu was bringen kann.
Und nun starb ein Teil dieser Truppe. Ozzy, die Legende, er war das Gesicht des Metals, er war der Madman, der Prince of Darkness. Dabei ging seine Berühmtheit weit über den Metal hinaus, durch ‚The Osbournes‘ erreichte Ozzy auch Millionen von Menschen die nichts mit Metal am Hut hatten, aber den verkorksten Familienvater mit seinem Herz aus Gold trotzdem lieb gewannen.
Wir lieben dich Ozzy.
I just wanna say to you all on the behalf of the guys in Black Sabbath and myself that your support over the years has made it all possible for us to live the lifestyle we live. Thank you from the bottom of my heart. We love you.
-Ozzy Osbourne kurz vor seinem letzten Auftritt Paranoid
