Freitag, der 12. April 2024, wird für alle trans* Personen in Deutschland ein historischer Tag bleiben.
An diesem Tag fand die 2. und die 3. Lesung des Gesetzesentwurfs des Selbstbestimmungsgesetzes im Bundestag statt und es wurde final darüber abgestimmt.
2021 beschloss die Ampelregierung das Transsexuellengesetz (TSG) durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu ersetzen.
Warum ist das wichtig?
- Seit Inkrafttreten des TSG im Jahr 1981 wurden 6 Vorschriften vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt.
- Das TSG entspringt einem pathologisierenden Verständnis (Bewertung von Verhalten als krankhaft), das nicht mehr zeitgemäß ist.
- Das TSG sieht entwürdigende und kostspielige Zwangsgutachten vor, z.B. für die Änderung des Namens und des Geschlechtseintrags in Dokumenten.
Was wird mit dem SBGG für trans* Personen möglich?
Änderung des Namens und Geschlechtseintrags durch Selbsterklärung beim Standesamt ohne:
- entwürdigende Zwangsgutachten
- langwierige und fremdbestimmte Gerichtsverfahren
- erhebliche Kosten
Neben diesen positiven Bestimmungen gibt es jedoch auch negative Punkte des Gesetzes.
So wurde eine Beratungspflicht für Minderjährige (14-18 Jahre) eingeführt, was für trans* Jugendliche, die ohnehin schon fremdbestimmt und besonders verletzlich sind, eine zusätzliche Hürde darstellt. Außerdem dürfen nach der Änderung des Namens und Geschlechtseintrags bestimmte Dokumente nicht neu ausgestellt werden, z.B. gerichtliche oder notarielle Urkunden.
In der Bundestagsdebatte, die ich selbst live mitverfolgt habe, gab es leider auch viel Diskriminierung von Seiten der AfD, der CDU und von dem Bündnis Sahra Wagenknecht, welche die Trans*-Community beleidigt und das Trans*-Spektrum als „Gender-Ideologie“ bezeichnet haben. Außerdem stuften sie das Gesetz als stark frauenfeindlich ein. Diese 3 Parteien stimmten auch bei der Abstimmung deutlich gegen das Gesetz. (siehe Grafik)
Das Gesetz wurde somit verabschiedet und wird am 01. November 2024 in Kraft treten. Bereits ab dem 01. August 2024 können beim Standesamt Anträge auf Änderung des Namens oder des Geschlechtseintrags gestellt werden, die nach dem Inkrafttreten bearbeitet werden.
Was ist weiterhin wünschenswert?
- mehr Schutz für trans* Jugendliche (Selbstbestimmung nicht erst ab 18)
- Abschaffung des Hausrechtsparagraphen (§ 6 II SBGG) – erfüllt keinen Zweck, außer trans*feindlichen Stimmen Gehör zu verschaffen
- Eine gesetzlich geregelte Unterstützung durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) – die Kosten einer geschlechtsangleichenden Behandlung müssen vollständig von der GKV übernommen werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das SBGG ein erster großer Meilenstein auf dem langen Weg zur Selbstbestimmung für trans* Personen ist, dass es aber noch viel Zeit und Verbesserungen brauchen wird, um trans* Personen eine unkomplizierte und nicht entwürdigende Selbstbestimmung zu gewährleisten.
Bitte respektiert alle trans* Personen, auch wenn ihr ihre Gefühlslage nicht ganz nachvollziehen könnt, denn schließlich ist es nicht euer Leben und somit gibt es keinen Grund, sie zu diskriminieren.
Und an alle trans* Personen, die das lesen: Ihr seid so stark und schön! Auch wenn der Weg zur Zufriedenheit mit dem eigenen Körper lange dauern und viele Hürden mit sich bringen kann, wird sich eure Geduld und Kraft am Ende lohnen! <3
Quelle der Bilder:
https://rp-online.de/politik/deutschland/selbstbestimmungsgesetz-wie-die-ampel-geschlechtswechsel-ermoeglichen-will_aid-96145683 https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=910