“Ihr Querdenker, ihr Links-Grün-Versifften, ihr Kulturmarxisten, ihr Faschisten. Oh, ihr Zionisten, ihr Islamisten, ihr Putin-Versteher, ihr Kriegstreiber, ihr Klimasünder, ihr Ökotanten.
Ach, ihr in der Sprachpolizei, ihr Gender-Verweigerer, ihr Geflüchtete, ihr Vertreiber. Ihr Wokeisten, ihr Altnazis. Ihr Liberalos, ihr Kommunisten, ihr verpennten Christen, ihr neunmalklugen Atheisten. Ach, wie ich euch hasse!”
Na? Hat es euch gefallen? Ich hoffe nur! Wenn ihr euch nicht schon nach der Überschrift angegriffen gefühlt habt, dann spätestens jetzt. Hatte sich bestimmt auch Peter Handke gedacht, als er 1968 sein Publikum beschimpfen ließ, sogar mit Vorwarnung. Ja, der Peter ist einer dieser 68er Avantgardisten, die denken, dass es Theater ist, wenn man ein paar junge Männer auf die Bühne stellt, die das Publikum anbrüllen. Irgendwo hatte er auch recht, das Nachkriegs-Westdeutschland hatte es nicht so mit der Aufarbeitung von Naziverbrechen oder überhaupt dieser mysteriösen Zeit von 1933 bis ‘45. Und was passiert, wenn man Menschen mit ihrer persönlichen Vergangenheit, auf ihre Geheimnisse, auf ihre Versäumnisse als Menschen anspricht, ja – es gibt großes Theater. Handke wollte das und er wusste, dass die, die sich angesprochen fühlen, die sein werden, die sich aufregen.
Doch brauchen wir heutzutage sowas? “Die Nazis sind doch lange her.” Ja, das sind sie. Komischerweise sprechen trotzdem Politiker mit ihren Redewendungen. Und der Krieg? Ach, der Krieg, ach, das Völkerrecht, ich glaube, die Medien hänseln euch schon genug mit Infos über zerbombte Städte, über hungernde Kinder und Autokraten, die sich daran ergötzen. Ihr wollt, glaube ich, gar nichts mehr davon hören.
Beitragsbild: Aufnahme der Publikumsbeschimpfung von der Hinterbühne