Dass unser Schulsystem ein Abbild der sozialen Schichtung deutscher Gesellschaft ist, ist nichts Neues. Vor allem der Übergang von Grundschule auf Real-, Hauptschule oder Gymnasium sortiert die Kinder, je nach ihrer sozialen Herkunft. Dennoch gibt es Ausreißer, wie mich.
Dabei lag meine Entscheidung, an diese Schule zu kommen, einfach nur bei meinen Freunden, die ebenfalls hierher kamen. Von einem 4.-Klässler kann man wohl nicht mehr erwarten.
Doch dass ich, ein Junge aus der “Bornaer Platte”, nicht an diese Schule gehöre, bekam ich bald zu spüren. Dabei sind es die kleinen Dinge, wo die Unterschiede zwischen meinen Mitschülern und mir am größten zum Vorschein treten.
Allein die Frage, wohin man in den Urlaub reiste, konnte ich selten beantworten oder wenn es zur Anstellung meiner Eltern kam oder meinem Wohnort oder, oder, oder… entweder log ich oder wich den Fragen aus, mir war es zu peinlich, sie ehrlich zu beantworten, nur in einem privaten Kreis sprach ich darüber, wie es zuhause war.
Doch das ständige Vergleichen, was sich bei mir unterbewusst entwickelte, jedoch ganz offensichtlich war, führte dazu, dass ich die Welt aus einem anderen Blickwinkel sehe, dass ich den sozialen Gegensatz sehe, der sonst immer abstrakt in Statistiken dargestellt wird. Wäre ich nicht dieser Realität ausgesetzt, würde ich also beispielsweise nicht an diese Schule gehen, würde mir dieser Unterschied kaum auffallen, da ich an einer Real- oder Hauptschule vermehrt mit Personen aus meiner sozialen Schicht umgeben wäre und nur wenige hätte, um meine Lage in Relation zu setzen.
Über die Zeit wurde mir immer bewusster, wie sinnlos es ist, sich für seine soziale Herkunft zu schämen. Ich weiß, was sie für einen Einfluss auf mich nahm und durch dieses Selbstbewusstsein akzeptiere ich meine Herkunft und kann stolz sagen, was es mit mir machte, armer Herkunft zu sein.
Dabei muss ich sagen, das klassische Runtermachen aufgrund meiner sozialen Herkunft blieb mir größtenteils erspart (hinterrücks gibt es immer Personen, die sich über mich lustig machen), doch weiß ich, dass es vielen ganz anders ergeht.
Dabei ist es, entschuldigt mich für meine Ausdrucksweise, unter aller Sau Personen runterzumachen, für etwas, was sie gar nicht beeinflussen können. Es ist nicht so, als würde man sich aussuchen, wo man hineingeboren wird. Dies gilt nicht nur für die soziale Herkunft, sondern auch für die Hautfarbe, das Geschlecht oder Krankheiten (und vieles mehr). Lasst euch nicht unterkriegen, seid euch bewusst, wer ihr seid und seid stolz darauf.
So auch der Appell an die paar anderen Personen aus ärmeren Verhältnissen, die dies nun lesen: Ihr könnt nichts dafür, wo ihr herkommt, doch beeinflusst es euch umso mehr als ihr vielleicht denkt. Denkt vielleicht mal darüber nach und schämt euch nicht, sondern seid selbstbewusst, ihr seid nicht allein.
Deswegen bin ich vollster Überzeugung, dass wir ein Gesellschaftssystem brauchen, in dem jeder die gleichen Chancen hat, Großes zu erreichen, wo der Erfolg im eigenen Leben nicht auf Glück und Egoismus beruht, sondern auf Leistung und sozialen Zusammenhalt.
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