Dieses Buch ist ein echter Geheimtipp: „Zeitfenster“ von Dana Schwarz-Haderek. Ich habe es auf der Leipziger Buchmesse entdeckt. Besser gesagt: Ich habe nach Lyrik gefragt und am Stand ist mir das Buch von der Autorin empfohlen worden.
Dana Schwarz-Haderek ist eine Künstlerin, die mit ihrer Familie in Jena lebt. Sie schreibt nicht bloß Geschichten und Gedichte, sondern illustriert ihre Texte auch selbst mit Aquarellen und ist im Body-Painting aktiv.
Ihr Buch „Zeitfenster“ ist zweigeteilt in Kurzgeschichten und Gedichte. Die Kurzgeschichten sind wahnsinnig scharfsinnige Beobachtungen, aufgeschrieben in einer Erzählweise, die niemals übertrieben, aber immer genau richtig poetisch ist. Unter die Lupe nimmt sie gesellschaftliche Phänomene, genauso wie ganz Persönliches – das ist bei ihr fest verwoben.
Ihre Art zu beschreiben hat mich zu Beginn an Stefan Zweig erinnert, den ich unendlich schätze. Später habe ich das Vergleichen aufgegeben und mich über die ganz eigene Stimme gefreut. Die Autorin schreibt warmherzige Geschichten (aber keine gute-Laune-Wohlfühl-Poesie). Ich weiß nicht, ob sie sie alle wirklich selbst erlebt hat, aber ich wünsche es ihr bei den meisten sehr. Die Geschichten, aber auch die Gedichte, weisen eine thematische Vielfalt auf und werden durch zahlreiche Metaphern lebendig.
Beim Lesen mache ich manchmal Notizen in ein kleines Heft. Zu Beginn des Gedichtteils habe ich mir aufgeschrieben: „Ich schätze bei der Lyrik die metaphernreiche Sprache sehr. Allerdings wird hier v. a. in den ersten Gedichten des Bandes viel mit Inversionen gearbeitet. Satzglieder werden umgestellt, damit der Reim am Ende steht. Dieses Stilmittel mag ich nicht und versuche es selbst beim Dichten zu vermeiden. Ich finde, es klingt fast immer gestellt und die Reime dann nicht mehr mühelos, sondern in ein Schema gezwängt. Daher sind mir im Vergleich die ungereimten Gedichte der Autorin bzw. die Prosa aus dem ersten Teil lieber.“
Später war dann etwa jedes dritte Gedicht so bereichernd an Assoziationen und Gedanken, dass ich es angestrichen habe. Die Autorin hat eine Fähigkeit, insbesondere erste unvermittelte Verse zu schreiben, die mich ein bisschen neidisch macht.
Das Buch ist insgesamt eine große Bereicherung und ich lege es euch sehr ans Herz. Die Illustrationen der Autorin sind außerdem in einem künstlerischen Stil angelegt, den ich wahnsinnig toll finde. Detailgetreu, aber irgendwie auch abstrakt.
Gute Poesie/Kunst empfinde ich als inspirierend und dieses Buch hat mich dazu inspiriert, fast zwei Wochen bzw. 40 Stunden lang an einem Gemälde von Stefan Zweig zu malen – was mag man daraus nur schließen?
// die Autorin
Laura Schenk ist eine ehemalige Schülerin unseres Gymnasiums (Abitur 2020). Sie wohnt in Leipzig und studiert dort Kommunikations- und Medienwissenschaften sowie Philosophie. Im September letzten Jahres veröffentlichte sie ihren ersten Kurzgeschichtenband unter dem Titel „Mythologos“. Ein weiterer soll 2023 folgen.